Bundestagswahl – ein Motor für das Wachstum der Eurozone?

Die Bundestagswahl könnte zu einer stärker wachstumsorientierten Regierung unter einem neuen Bundeskanzler führen – da jedoch unklar ist, wie die nächste Berliner Koalition aussehen wird, könnten die Hoffnungen auf entschlossene und expansive Anpassungen enttäuscht werden.

Ein gemischtes Bild – die regelmäßig zitierte Charakterisierung der Eurozone war kaum zutreffender als in den vergangenen Jahren. In den letzten vier Jahren stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone insgesamt um 4,7 % und blieb damit hinter den 12,1 % zurück, die die USA zulegten. Darüber hinaus divergieren die Wachstumsverläufe innerhalb der Eurozone: Südliche Länder wie Spanien, Italien, Griechenland und Portugal schnitten besser ab. Die beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone, Deutschland und Frankreich, hinkten dagegen hinterher. Deutschland ist in den letzten zwei Jahren sogar leicht geschrumpft. Könnte sich dies ändern?

Am 23. Februar steht in Deutschland die Bundestagswahl an. Die Liste der wirtschaftlichen Probleme der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt umfasst unter anderem hohe Energiekosten, zu viel Bürokratie und zunehmende Probleme in der größten Branche, der Automobilindustrie. Darüber hinaus ist Deutschland aufgrund des hohen Handelsdefizits der USA gegenüber Deutschland externen Risiken ausgesetzt. Trump hat die Europäische Union (noch) nicht direkt mit breit angelegten Zöllen ins Visier genommen. Angesichts der Tatsache, dass er die EU und insbesondere Deutschland regelmäßig dafür kritisiert hat, Handelsüberschüsse mit den USA zu erwirtschaften, erscheint das Risiko höherer Zölle jedoch hoch.

Wachstumslücke zwischen den USA und der Eurozone vergrößert sich bei anhaltender deutscher Stagnation

Im zweiten Halbjahr 2024, als immer deutlicher wurde, dass Trump die US-Wahl wahrscheinlich gewinnen würde, vergrößerte sich die Kluft zwischen den BIP-Wachstumsprognosen der USA und der Eurozone im Jahr 2025 erheblich. Der Konsens liegt nun bei 2,2 % für die USA, 1,0 % für die Eurozone und mageren 0,4 % für Deutschland. Auch die aktuellen Konjunkturdaten verdeutlichen die konjunkturelle Schwäche Deutschlands und der gesamten Eurozone. Die Einkaufsmanagerindizes liegen trotz einer leichten Erholung im Januar immer noch hinter denen anderer Regionen zurück. Darüber hinaus deutet die Erwartungskomponente der deutschen Ifo-Geschäftsklima-Umfrage, die in den letzten drei Monaten auf den niedrigsten Stand seit einem Jahr gesunken ist, auf eine anhaltende Schwäche hin.

Das Verbrauchervertrauen hat sich stabilisiert, wenn auch auf einem moderaten Niveau. Dennoch sparen die Haushalte in Deutschland und im gesamten Euroraum mehr und geben weniger aus, was sich auf das Wachstum der Einzelhandelsumsätze auswirkt. Der Hauptgrund dafür ist die Unsicherheit in der Wirtschaftspolitik, die seit der US-Wahl noch weiter gestiegen ist.

Die Bundestagswahl im Fokus – neue Regierung sehr wahrscheinlich

Aktuelle Umfragen zur Bundestagswahl deuten auf einen Sieg der CDU/CSU mit etwa 30 % der Stimmen hin. Dies würde bedeuten, dass ihr Vorsitzender Friedrich Merz wahrscheinlich der nächste Bundeskanzler wird und Olaf Scholz ablöst. Die Frage ist, wie die nächste Koalition aussehen wird. Ein Zweier-Bündnis könnte mit den Sozialdemokraten oder sogar mit den Grünen, die derzeit in den Umfragen an vierter Stelle stehen, möglich sein. Es hängt jedoch auch davon ab, ob es den drei kleineren Parteien gelingt, die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden und ins Parlament einzuziehen. Eine Koalition mit der rechtsextremen AfD (die in den Umfragen auf dem zweiten Platz liegt) schließen die etablierten Parteien jedoch aus. Umfragen zufolge ist sich allerdings ein Viertel der deutschen Wähler noch nicht sicher, welche Partei sie wählen sollen.

Das Wahlprogramm der CDU/CSU konzentriert sich auf mehrere wachstumsorientierte Maßnahmen, die von der Senkung der Steuerlast bis hin zu mehr Anreizen zur Aufnahme einer Arbeit reichen. Wir glauben zwar, dass eine Zweier-Koalition das deutsche Wachstum unterstützen könnte, aber eine Dreier-Bündnis würde dies wahrscheinlich erschweren. Während die CDU/CSU die Haushaltsdisziplin betont, scheint sie bereit zu sein, auf eine höhere Staatsverschuldung zu drängen. Allerdings wäre die fiskalische Unterstützung begrenzt, da die CDU/CSU dieSchuldenbremse beibehalten will – möglicherweise indem sie etwas flexibler gestaltet wird. Zu ihrer Änderung wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag nötig, die fraglich ist. Nach einer ersten offiziellen Schätzung verzeichnete Deutschland im Jahr 2024 ein Haushaltsdefizit von nur 2,6 %, weniger als die Hälfte des Defizits von Frankreich oder den USA. Im Vergleich zu den G7-Staaten und anderen Ländern hat Deutschland auch eine viel niedrigere Schuldenquote, was bedeutet, dass es theoretisch über die nötige Verschuldungskapazität verfügt, um Ausgaben und Investitionen zu unterstützen.

Weitere Leitzinssenkungen der Europäischen Zentralbank und unsere Positionierung

Da sich die Inflation in der Eurozone ihrem Ziel von 2 % nähert, gehen wir davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins (Einlagenzins) im Jahr 2025 weiter von derzeit 2,75 % auf 2 % senken wird. Angesichts der unterschiedlichen Zinssätze und Wachstumsverläufe erwarten wir, dass der Euro gegenüber dem US-Dollar kurzfristig schwach bleiben wird, bevor er sich stabilisiert. Ein schwacher Euro dürfte der flauen deutschen Exportindustrie weiterhin etwas Rückenwind verleihen. Bei sinkender Inflation könnten sich die Ersparnisse der privaten Haushalte normalisieren und das Reallohnwachstum könnte sich verbessern. Alles in allem deutet dies auf bessere Aussichten für Deutschland und die Eurozone in der zweiten Jahreshälfte 2025 hin.

Wir stehen Aktien und Unternehmensanleihen der Eurozone aufgrund (geo-)politischer Risiken und anhaltend schwacher Wachstumsaussichten neutral gegenüber. In Da wir weitere EZB-Zinssenkungen erwarten, haben wir auf sicherere, hauptsächlich kurzlaufende Staatsanleihen umgeschichtet und ein "Versicherungsinstrument" verlängert. Um strukturell positiver gegenüber europäischen Vermögenswerten eingestellt zu sein, müssten wir politische Veränderungen, wie die oben beschriebenen, und einen Rückgang der Unsicherheit sehen – in der Geopolitik, der Lokalpolitik, dem internationalen Handel und dem Russland-Ukraine-Konflikt. Dies ist zwar nach wie vor eine offene Frage, aber Teilschritte in diese Richtung könnten nicht nur das Vertrauen stärken, sondern auch zu niedrigeren Energiepreisen führen, was die Eurozone und insbesondere Deutschland unterstützen würde.

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