Europa | Wie wirken sich Fiskalausgaben und drohende Handelszölle auf Investitionen aus?
Vergangene Woche haben sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen der geplanten Verfassungsänderung zugestimmt. Diese Entscheidung sorgt für eine erhebliche Ausweitung des Schuldenrahmens für die deutsche Verteidigung für die nächsten 10 Jahre und für (breit gefasste) Infrastruktur in den kommenden 12 Jahren:
- Investitionen in die Verteidigung werden, sofern sie 1 % des Bruttoinlandsprodukts übersteigen, von der Schuldenbremse ausgenommen.
- Für Infrastruktur und Wirtschaftsreformen wird ein Sonderfonds über 500 Mrd. Euro aufgelegt.
- Dieser Schritt stärkt die Position der zu erwartenden Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD unter Führung des (wahrscheinlichen) neuen Kanzlers Friedrich Merz.
Morgen tritt der neue Bundestag zu seiner ersten, konstituierenden Sitzung zusammen. Im Laufe des Aprils soll dann der Koalitionsvertrag stehen, auf dessen Basis Merz voraussichtlich in der zweiten April-Hälfte zum Bundeskanzler gewählt werden dürfte.
Angesichts des enormen Fiskalpakets und der verstärkten EU-Zusammenarbeit in den Bereichen Verteidigung und Infrastruktur haben wir unser Engagement bei europäischen Aktien erhöht. Anstatt uns nur auf Verteidigungswerte zu konzentrieren, haben wir uns aus zwei wichtigen Gründen für breiter angelegte Anlagen entschieden. Erstens sind Rüstungsaktien teuer und haben sich bereits stark erholt. Zweitens werden die höheren Ausgaben vielen Branchen zugutekommen, darunter Industrie und Finanzen, Technologie, Gesundheitswesen, Versorger und Energie.
Aus der Marktperspektive sind europäischen Aktien in der vergangenen Woche nicht weiter gestiegen, da die Abstimmungen weitgehend erwartet wurden. Darüber hinaus dürfte sich der Markt in den kommenden Wochen auf eine gewisse Volatilität einstellen, da die Trump-Administration für den 2. April einen Stichtag für die Einführung von Zöllen angekündigt hat. Daher halten wir an einer diversifizierten Allokation über Anlageklassen und Regionen hinweg fest. So halten wir beispielsweise strategisch inflationsgeschützte Anleihen, Gold und eine breite Palette von Rohstoffen, um die Auswirkungen der Zollrisiken auf die Portfolios abzumildern. Und aus taktischen Gründen übergewichten wir kurzlaufende Staatsanleihen.
Wir sind auch bereit, unsere Anlagestrategie bei Bedarf anzupassen und ein Instrument zu nutzen, das bei fallenden Aktienkursen an Wert gewinnt, um unvorhergesehene Rückschläge abzufedern (sofern die Kenntnisse und Erfahrungen unserer Kunden sowie die Anlagerichtlinien und
-vorschriften dies zulassen). Die Märkte neigen dazu, sehr schnell auf den Nachrichtenfluss zu reagieren, da sich wirtschaftliche, unternehmerische und (geo-)politische Ereignisse ständig weiterentwickeln. Anstatt vorschnell zu reagieren, versuchen wir, Ruhe zu bewahren und mögliche Entwicklungen zu antizipieren.
Global | Wie sind die Leitzinsperspektiven für 2025?
In der vergangenen Woche hielten die US-Notenbank (Fed), die Bank of England (BoE), die schwedische Riksbank und die Bank of Japan (BoJ) ihre Leitzinsen unverändert. Lediglich die Schweizerische Nationalbank (SNB) senkte sie aufgrund der niedrigen Inflation.
Was die Fed betrifft, so ist das langsamere US-Wachstum, das auf die Unsicherheit im Handel zurückzuführen ist, eine Hauptsorge der Notenbank. Die Auswirkungen von Trumps Politik auf die Inflation sind noch ungewiss, daher glauben wir, dass die Fed abwartend agiert. Allerdings kann die politische Unsicherheit das Wachstum belasten, so dass wir nicht glauben, dass sie zu lange warten wird, bevor sie ihre Leitzinsen erneut senkt. Wir gehen davon aus, dass die Fed das Tempo des Bilanzabbaus im April verlangsamen und die Zinsen kurz darauf, wahrscheinlich um die Jahresmitte, senken wird. Aufgrund der Zölle und der Aussichten auf fiskalische Unterstützung halten wir jedoch im Verhältnis zu unserer langfristigen Allokation weiterhin weniger US-Staatsanleihen.
Die BoE steckt in einer ähnlichen Lage, wobei die Unsicherheit im Welthandel ein Grund zur Vorsicht sein dürfte. Trotz dieser Unsicherheit sagte BoE-Gouverneur Bailey: "Wir sind nach wie vor der Meinung, dass sich die Zinssätze auf einem allmählich sinkenden Pfad befinden". Dies deckt sich mit unserer Einschätzung, dass die BoE ihre Leitzinsen in diesem Jahr erneut in Richtung 4 % senken dürfte.
Anders als die Fed und die BoE ist die Riksbank wahrscheinlich am Ende ihres Zinssenkungszyklus angelangt, nachdem sie ihre Leitzinsen letzte Woche bei 2,25 % belassen hat. Nach sechs Zinssenkungen seit Mai 2024 war die Rhetorik von Gouverneur Thedéen ausgewogen, aber er ließ die Tür für Zinserhöhungen offen. In seiner Pressekonferenz letzte Woche sagte der Gouverneur: "Wir sind bereit zu handeln", wenn die Inflation von den Prognosen der Notenbank abweicht, da die Inflation in letzter Zeit nach oben überrascht hat.
In der Schweiz senkte die SNB als Reaktion auf die sehr niedrige Inflation (0,3 % im Februar) ihre Leitzinsen auf 0,25 %, so dass weitere Senkungen unwahrscheinlich sind, sofern sich das Wachstum nicht deutlich abschwächt. Dies bedeutet, dass der Euro-Franken-Kurs weiterhin in einer Bandbreite schwanken wird, da das schwache Wachstum den Schweizer Franken belastet und weitere Zinssenkungen der EZB das Aufwärtspotenzial des Euro ihm gegenüber begrenzen.
Die BoJ ist ein Ausreißer, da sie sich eher in einem Zinssteigerungs- als Zinssenkungszyklus befindet. Wir glauben, dass Japans Leitzinsen in diesem Sommer angesichts des positiven Wachstums und der Inflation weiter auf 0,75 % anheben könnte.
Diese Woche | Inflation und britischer Haushalt im Fokus
In Deutschland stehen diese Woche vor allem morgen das Ifo-Geschäftsklima sowie am Freitag das GfK-Verbrauchervertrauen und der Arbeitsmarktbericht für März auf der Agenda. Neue Inflationsdaten werden am Freitag in den USA, der Eurozone, Frankreich und Spanien veröffentlicht. Auch im Vereinigten Königreich stehen am Mittwoch Inflationsdaten an. Anleger rechnen mit einem Rückgang der Gesamtinflation auf 2,7 % im Jahresvergleich, nach 3 % im Vormonat. Dies dürfte unsere Ansicht bestätigen, dass die BoE die Zinssätze erneut senken wird (siehe oben).
Darüber hinaus wird die britische Schatzkanzlerin Rachel Reeves am Mittwoch die Frühjahrserklärung abgeben und die jüngsten Haushaltspläne und die Lage darlegen. Da die britische Wirtschaft durch globale Handelsfaktoren und ein schwächer als erwartetes Wachstum unter Druck steht (auch wenn es sich in letzter Zeit stabilisiert hat), werden die Märkte genau auf Signale zur staatlichen Kreditaufnahme, zu den Ausgabenprioritäten und zu möglichen fiskalischen Straffungen achten. Es wird erwartet, dass das Office for Budget Responsibility, die fiskalische Aufsichtsbehörde, eine Verschlechterung der Haushaltslage des Vereinigten Königreichs um 15-20 Mrd. britische Pfund bestätigen wird, was Spekulationen über weitere Ausgabenkürzungen aufkommen lässt. Zwar könnten einige neue finanzpolitische Maßnahmen angekündigt werden, doch werden die meisten wahrscheinlich bis 2026 aufgeschoben werden.
Hinweis: Jeder Hinweis auf die Portfoliopositionierung bezieht sich auf unsere Kernportfolios mit Verwaltungsvollmacht. Kunden mit maßgeschneiderten oder beratenden Portfolios sollten sich bei ihrem Kundenberater über ihre aktuelle Positionierung. informieren.
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