WOCHENSICHT
Das Börsenjahr 2021 ist Geschichte - mit fast +16% für den DAX und +14% für den MDAX war es nicht nur ein sehr guter deutscher Börsenjahrgang - sondern im gesamten Euroraum konnte der Euro Stoxx 50 sogar um gut ein Fünftel zulegen. Einmal mehr performte allerdings die Wall Street unter den wichtigsten Aktienregionen am besten: Der US-Leitindex S&P 500 kletterte um fast 30% - und dank des zum Euro starken US-Dollars auf Euro-Basis sogar um 39%. Demgegenüber hinkten Japans Leitbarometer Nikkei-225 mit 5% wie auch der Schwellenländer-Leitindex MSCI Emerging Markets mit sogar -5% deutlich hinterher. Die Rentenmärkte waren im Vorjahr primär von sich einengenden Risikoaufschlägen sowie von leicht steigenden Renditen geprägt: Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen kletterte trotz der EZB-Anleihekäufe von -0,57% zum Jahresbeginn 2021 bis Jahresende auf -0,19%. Und die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen legte im Vorjahr von 0,91% auf auf 1,51% zu. Wie unsere Tabelle unten auf dieser Seite zeigt, setzte sich in der ersten Handelswoche 2022 vor allem der Anstieg der Renditen - insbesondere der für zehnjährige Bundespapiere - fort: Sie knabbert jetzt erstmals seit zweieinhalb Jahren wieder an der Null-Linie. Dahinter steckt nicht zuletzt der sich hartnäckiger als erwartet haltende steigende Inflationstrend. So legte die Inflationsrate in Deutschland im Dezember noch einmal leicht auf 5,3% und im Euroraum auf 5,0% zu. Auch wenn dies schon aufgrund des Wegfalls des Basiseffektes der deutschen temporären Mehrwertsteuersenkung im 2. Halbjahr 2020 ab Januar den Höhepunkt des Preistrends bedeuten dürfte, lagen die Dezemberzahlen damit erneut über den Erwartungen.
Der Marktfokus liegt jetzt auf der Reaktion der Zentralbanken auf die Inflationstrends. Wir gehen davon aus, dass die EZB nicht nur ihre Leitzinsen 2022 erneut nicht anheben wird, sondern dass sie wie angekündigt auch ihre Anleihekäufe vorerst - wenn auch im Jahresverlauf mit abnehmendem Volumen - fortsetzen wird. Daran wird zumindest vorerst auch die jüngste Äußerung des deutschen Ratsmitglieds Isabel Schnabel, dass die Umstellung auf eine klimafreundlichere Wirtschaft zu steigenden Energiekosten und damit Inflationsgefahren führe, wohl erst einmal kaum etwas ändern. Allerdings reiht sich Schnabels Stimme in eine Reihe weiterer ein, die eine restriktivere EZB-Politik fordern. Auf US-Seite gehen wir dagegen davon aus, dass die Fed ihre Leitzinsen in diesem Jahr dreimal anheben und ihren Zinserhöhungszyklus 2023-24 fortsetzen wird, nachdem sie ihre Anleihekäufe wohl ab April einstellt. Dies dürfte einen weiteren Aufwärtsdruck auf die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen in Richtung 2% im Jahresverlauf ausüben. Da die US-Inflation, die im November sogar bei sieben Prozent lag, voraussichtlich noch einige Zeit über dem Zielwert der Fed liegen wird, konzentrieren sich die Märkte zunehmend auf den Arbeitsmarkt, um die nächsten Schritte der Zentralbank einzuschätzen. Mehr Kündigungen und anhaltende Schwierigkeiten amerikanischer Arbeitgeber, offene Stellen zu besetzen, deuten auf einen angespannten US-Arbeitsmarkt hin. Der Bericht für Dezember bestätigt dies zumindest teilweise. Während die Gesamtzahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze enttäuschte, stiegen die Stundenlöhne stärker als erwartet, und die Arbeitslosenquote sank auf 3,9%, was nur 0,4 Prozentpunkte über dem Tiefstand vor der Pandemie liegt. Insbesondere der Anstieg der Stundenlöhne könnte die Befürchtung schüren, dass der Inflationsdruck anhält. Der Arbeitsmarktbericht vom Freitag dürfte die Fed darin bestärken, dass eine schnellere Normalisierung ihrer Politik angemessen sein könnte, wobei eine erste Leitzinsanhebung bereits im März wahrscheinlicher wird. Ein wichtiger Faktor auch für die Notenbanken bleibt natürlich die Pandemie, wobei die deutsche 7-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen angesichts der Ausbreitung der Omikron-Variante wohl vor neuen Höchstständen steht - und auch in den USA steigt die Infektionszahl weiterhin ungebremst an. Weitere Einschränkungen sowie Engpässe und damit mögliche stärkere Belastungen des Konjunkturtrends könnten die Notenbanken natürlich beeinflussen.
Vor dem Hintergrund des US-Arbeitsmarktberichts könnten die US-Inflationszahlen am Mittwoch diese Woche die Erwartung der Märkte verstärken, dass die Fed in der ersten Hälfte des Jahres 2022 einen Zinserhöhungszyklus einleitet. Der Markt rechnet damit, dass die Gesamtinflation in den USA wahrscheinlich auf über 7% steigen wird, während die Kerninflation - ohne Lebensmittel- und Energiepreise - wahrscheinlich auf fast 5,5% ansteigen wird. Andere wichtige US-Daten wie die Einzelhandelsumsätze, die Industrieproduktion und die Verbraucherstimmung könnten das Bild eines soliden, aber nicht mehr beschleunigten US-Wirtschaftswachstums unterstützen, obwohl Unsicherheiten im Zusammenhang mit Covid-19 ein Risikofaktor bleiben. In Deutschland ist der Datenkalender diese Woche mit vor allem einer ersten Schätzung des Bruttoinlandsprodukts für das gesamte Vorjahr am Freitag sehr dünn, und in der Eurozone stehen primär übermorgen Industrie- und Handelsbilanzzahlen für den November an. Für China geht der Markt davon aus, dass sich die nicht zuletzt durch die "Null-Toleranz"-Politik in Sachen Coronavirus und den Regulierungstrend verursachte Verlangsamung des Wachstums am Mittwoch in einer geringeren Produzenten- und Verbraucherpreisinflation niederschlagen wird. Dieser Trend könnte, wenn er sich fortsetzt, im weiteren Verlauf den Inflationsdruck weltweit wieder mindern.
RELATIVE TAKTISCHE ASSET-ALLOKATION
Nach dem positiven Jahresstart, der den DAX bis auf 16.285 Punkte geführt hatte, konsolidierte er um die 16.000er-Marke. Nach unten bleibt die Zone 15.400-15.500 wichtig, weitere Unterstützungen liegen bei 14.800, 14.200 und 13.800. Nach oben ist der Weg frei, wenn er das genannte neue Allzeithoch übertrifft.
Die zehnjährige Bundrendite hat seit Mitte Dezember von -0.4% bis auf fast die Null-Linie gewaltig angehoben. Damit hat sie ihre Seitwärtsspanne -0,2% bis -0,6% nach oben verlassen. Nimmt sie die Null-Linie, läge das nächste Ziel bei +0,25-0,30%. Die Hauptunterstützungen bleiben bei -0,50% und -0,60%.
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