Blick über die Märkte vom 8. August 2022

Blick über die Märkte vom 8. August 2022

Zwei Dinge fallen beim Blick auf unsere Performance-Tabelle der Vorwoche unten ins Auge: zum einen der starke Rückgang des Brent-Ölpreises im Zuge gewachsener Rezessions- und damit Nachfragebedenken, zum anderen die deutlichen Renditeanstiege, die insbesondere vom starken US-Arbeitsmarktbericht resultieren.

Zwei Dinge fallen beim Blick auf unsere Performance-Tabelle der Vorwoche unten ins Auge: zum einen der starke Rückgang des Brent-Ölpreises im Zuge gewachsener Rezessions- und damit Nachfragebedenken, zum anderen die deutlichen Renditeanstiege, die insbesondere vom starken US-Arbeitsmarktbericht resultieren. So wurden in Amerika im Juli trotz einer strafferen Geldpolitik, nachlassender fiskalischer Unterstützung und Rezessionsängsten 528.000 neue Jobs und damit mehr als doppelt so viel wie am Markt erwartet geschaffen, was zu einem weiteren Rückgang der Arbeitslosenquote auf nur noch 3,5% führte. Die neuen Jobs entstanden vor allem in den Bereichen Freizeit und Gastgewerbe, im Gesundheits- und in weiteren Dienstleistungsbereichen. Ein weiterer Beweis dafür, dass der US-Konsum immer mehr auf Dienstleistungen und weniger auf Waren ausgerichtet ist, ist der "ISM"-Einkaufsmanagerindex für Juli, der unerwartet stark anzog - während sich der für das verarbeitende US-Gewerbe leicht abschwächte. Das Lohnwachstum blieb in den USA im Vormonat nach vier leichten Rückgängen in Folge mit einer Jahresrate von 5,2 % stabil. Insgesamt haben die Daten zusammen mit besser als erwarteten Auftragseingangszahlen für Juni Spekulationen genährt, dass die Fed in den kommenden Monaten die Geldpolitik stärker straffen könnte als bisher erwartet - sprich dass im September der nächste Leitzinsschritt um 75 Basispunkte nach oben anstehen könnte. Dies ließ die Renditen an den Bondmärkten ansteigen. Indes bereiten die geopolitischen Spannungen zwischen China, Taiwan und den USA nach dem Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, auf der Insel vor Chinas Küste Investoren Sorgen. Chinas Rhetorik hat sich zunehmend verschärft und gipfelte in einer Reihe groß angelegter Militärmanöver, bei denen unter anderem Raketen über Taiwan geflogen sein sollen. Die Aktienmärkte zeigen sich davon aber bisher relativ unbeeindruckt, während sich der Goldpreis von seinem Juli-Tief um etwa 4 % erholen konnte.
Während die Daten aus Amerika die Ängste hinsichtlich einer bevorstehenden "echten" US-Rezession milderten, war dies in Europa nicht der Fall. Zwar kehrte die deutsche Handelsbilanz nach ihrem Mai-Defizit dank des Anstiegs der Exporte im Juni um viereinhalb Prozent wieder zu einem leichten Überschuss zurück, und die Industrie produzierte im Mai etwas mehr als erwartet. Allerdings blieb dort nicht nur das zweite Quartal insgesamt wohl hinter den Erwartungen zurück, vielmehr trüben sich die industriellen Perspektiven angesichts des fünften Rückgangs der Auftragseingänge im Juni gegenüber dem Vormonat in Folge weiter ein, auch wenn der hohe Auftragsbestand vorerst noch puffernd wirken dürfte. Deutlicher fallen die Rezessionsanzeichen vor allem angesichts der Gas-Krise in Zusammenhang mit dem Russland/Ukraine-Konflikt auf der Verbraucherseite aus: So sanken die Einzelhandelsumsätze im gesamten Euroraum im Juni - inklusive des zehnprozentigen Rückgangs in Deutschland gegenüber Vorjahresniveau - um fast vier Prozent. Trotz aller konjunktureller Eintrübung hob die Bank of England zur Inflationsbekämpfung den britischen Leitzins um 50 Basispunkte und damit so stark wie seit 27 Jahren nicht mehr auf 1,75% an. Die Notenbank rechnet mit einem weiteren Anstieg der britischen Inflation von heute 9,4% in der Spitze bis auf etwa 13%. Entgegen der überwiegend schlechten Nachrichten aus Europa, zu denen auch Bombardierungen rund um das größte Atomkraftwerk des Kontinents im ukrainischen Saporischschja gehören, meldet China dank eines Anstiegs der Exporte im Juli um 18% auf satte 333 Milliarden Dollar einen neuen Rekordhandelsüberschuss in Höhe von 101 Milliarden US-Dollar. Dies macht klar, wie sehr China von der Globalisierung profitiert - auch deswegen halten wir einen echten von China angezettelten Kriegsausbruch in Taiwan derzeit für eher unwahrscheinlich. Insgesamt bestätigen die Wochendaten unsere Sichtweise, dass zwar Europa vor einer Rezession stehen dürfte, eine globale Rezession aber dank der Stärke der USA und Chinas unwahrscheinlicher ist.
Diese Woche sind die amerikanischen Inflationszahlen für den Juli am Mittwoch das klare Datenhighlight. Während die USA den Inflationsgipfel gesehen haben könnten, ist er in Europa schon aufgrund der Gas-Krise voraussichtlich noch nicht so schnell in Sicht. Zwar halten wir eine Rezession in Europa wie oben beschrieben für deutlich wahrscheinlicher als in den USA, aber dort steuert die Fed anders als die EZB entschlossen gegen die Inflation. Bis sich die desinflationären Kräfte der sinkenden Nachfrage hier zu Lande bei den Inflationsraten gegen die Energiepreiseffekte durchsetzen, dürfte es noch etliche Monate dauern. Neben den Inflationsdaten stehen am Donnerstag in den USA auch die Produzentenpreise für den Juli an – sowie am Freitag das vorläufige von der Michigan Universität erhobene Verbrauchervertrauen für den August. In Deutschland kommen die finalen Inflationsdaten für den Juli übermorgen. Und während für den gesamten Euroraum die Juni-Industrieproduktion am Freitag die wohl wichtigste Makro-Veröffentlichung ist, steht in Großbritannien am Freitag das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal auf der Agenda. In China folgen auf die Handelsbilanz diesen Sonntag am Mittwoch die Inflations- und Produzentenpreisdaten für den Monat Juli. Am selben Tag publiziert auch Japan seine entsprechenden Produzentenpreisdaten. Und in Europa geht es in die finale Phase der Halbjahreszahlensaison, wobei diese Woche alleine acht DAX-Unternehmen ihre Bücher öffnen.    

RELATIVE TAKTISCHE ASSET-ALLOKATION
Unsere Anlagestrategie bleibt weiterhin auf Diversifikation ausgerichtet, wobei wir Aktien insgesamt neutral gewichten. Angesichts der insbesondere in der Eurozone gestiegenen Rezessionsgefahren gewichten wir dabei Aktien aus dem Euroraum unter. Unsere übergewichteten Regionen bleiben die aus unserer Sicht insgesamt derzeit stabileren US-Aktien, und auch jene aus Schwellenländern gewichten wir weiterhin leicht über. Unsere strukturellen Branchenfavoriten lauten nach wie vor Technologie und Gesundheit.
Auf der Rentenseite bleiben wir ebenfalls insgesamt neutral aufgestellt. Wir favorisieren dabei weiterhin Schwellenländer-Staatsanleihen in Hartwährung gegenüber niedrig verzinslichen europäischen Staatspapieren. Gold bleibt für uns ein wichtiger diversifizierender Kernbestandteil von Portfolios.

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*Die dem vorliegenden „Blick über die Märkte“ zugrundeliegenden Informationen stammen aus Medienberichten, öffentlich zugänglichen Unternehmensberichten und den gesondert angegebenen Quellen. Die Quellen wurden von Merck Finck auf der Basis ihrer professionellen Einschätzung als verlässlich gewertet. Merck Finck kann jedoch keine Haftung für die Korrektheit und Vollständigkeit der Informationen übernehmen. Die dargestellten  Annahmen, möglichen Entwicklungen und Meinungen stellen Merck Fincks professionelles Urteilzum Zeitpunktder Veröffentlichung des „Blicks über die Märkte“dar und unterliegen der Möglichkeit der jederzeitigen Änderung, ohne dass dies zu einer entsprechenden Veröffentlichung führen muss Der „Blick über die Märkte“ stellt in keinster Weise ein Angebot, eine Aufforderung oder  eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf eines Finanzinstrumentes oder der Beauftragung einer Finanzdienstleistung dar.  Merck Finck weist daraufhin, dass Finanzanlagen das Risiko des vollständigen Kapitalverlustes innewohnen kann. Der Anleger sollte ausschließlich in Finanzanlagen investieren, deren Risiken er auf Basis seiner Erfahrungen und Kenntnisse verstehen kann und diese zu tragenerfinanziell bereit und in der Lage ist. Vor einer Investition in einzelne Finanzinstrumente bzw. der Beauftragung von Finanzdienstleistungen sollte unbedingt professioneller Rat eingeholt werden. Copyright © 2020: MERCK FINCK A QUINTET PRIVATE BANK (EUROPE) S.A. branch