Die vergangene Woche verlief positiv für risikoreichere Anlagen, da der nachlassende Inflationsdruck auf eine möglicherweise vorsichtigere US-Notenbank hindeutet, auch wenn wir noch nicht mit einer Zinswende rechnen. Auch der Goldpreis profitierte von der Aussicht auf niedrigere Realzinsen und legte zu. Die europäischen Erdgaspreise steigen weiter und deuten auf einen schwierigen Herbst und Winter für die Eurozone hin, dessen Wirtschaft im zweiten Quartal leicht schrumpfte. In der Vorwoche stand vor allem die stärker als erwartet gesunkene US-Inflation im Fokus. Hinter dem Juli-Rückgang von 9,1% auf 8,5% steckt primär die Entspannung bei den Ölpreisen, sprich vor allem die günstigeren Preise an der Zapfsäule. Ohne Berücksichtigung dieser Energie- und auch der Nahrungsmittelpreise blieb die Kerninflationsrate gegenüber dem Vormonat unverändert bei 5,9%. Dennoch: Die etwas stärker als erwartete Abschwächung des Preisauftriebs insgesamt ließ die Markterwartungen hinsichtlich der nächsten US-Leitzinsanhebung der Fed wohl bei ihrer nächsten Sitzung am 21. September von 75 Basispunkte auf eher 50 Basispunkte schrumpfen. In diese Richtung deuteten auch einige Kommentare von Fed-Verantwortlichen, wobei bis zur Entscheidung noch eine Reihe wichtiger Konjunkturdaten anstehen. Für Deutschland wurde die finale Juli-Inflationsrate mit 7,5% bestätigt - sie dürfte aber spätestens ab September angesichts des Wegfalls des Tankrabatts sowie des Auslaufens des 9-Euro-Tickets wieder anziehen, wozu auch die weiter steigenden europäischen Gaspreise beitragen dürften. Damit liegt wohl in Europa - anders als in den USA - der Inflationsgipfel noch nicht hinter uns.
In China ging der Druck bei den Erzeugerpreisen im Juli erneut zurück - von 6,1 % im Juni auf 4,2 % -, während die Verbraucherpreisinflation im Juli leicht auf immer noch vergleichsweise niedrige 2,7 % anstieg. Vor diesem Hintergrund überraschte die chinesische Zentralbank gestern mit einer Leitzinssenkung und signalisierte dadurch Sorgen um die Konjunktur. Der Zinssatz für einjährige Darlehen wurde von 2,85% auf 2,75% gesenkt. Aus den USA kamen hingegen gemischte Makrodaten. Der von der Universität Michigan veröffentlichte Index zum US-Verbrauchervertrauen erholte sich im August leicht. Der Anstieg des Index ist ausschließlich auf eine Verbesserung der Aussichten zurückzuführen. Die Einschätzung der aktuellen Lage hat sich hingegen leicht eingetrübt. Vom Verarbeitenden Gewerbe kamen in Form eines enttäuschenden Empire Manufacturing Index jedoch schlechte Daten. Der von der Federal Reserve Bank of New York veröffentlichte Index für die Geschäftstätigkeit im Verarbeitenden Gewerbe verschlechterte sich deutlich. Ähnliches galt gestern für den Hausmarktindex des Verbandes der Wohnungsbauunternehmen (NAHB), der zum achten Mal in Folge rückläufig ist und den niedrigsten Stand seit Frühjahr 2020 markierte. Auch in Europa sah man in Sachen Makrodaten ein gemischtes Bild. So legte etwa die Industrieproduktion des Euroraums im Juni um 2,4 % verglichen mit dem Vorjahresmonat zu, nachdem auch die nationalen Daten aus Deutschland und Frankreich besser als erwartet ausfielen. Die deutschen ZEW-Konjunkturerwartungen hingegen bleiben weiterhin gedämpft, was zum Teil auf den Anstieg der deutschen Erzeugerpreise zurückzuführen ist, der im Jahresvergleich zuletzt bei 33 % lagen.
Diese Woche sind die amerikanischen Inflationszahlen für den Juli am Mittwoch das klare Datenhighlight. Während die USA den Inflationsgipfel gesehen haben könnten, ist er in Europa schon aufgrund der Gas-Krise voraussichtlich noch nicht so schnell in Sicht. Zwar halten wir eine Rezession in Europa wie oben beschrieben für deutlich wahrscheinlicher als in den USA, aber dort steuert die Fed anders als die EZB entschlossen gegen die Inflation. Bis sich die desinflationären Kräfte der sinkenden Nachfrage hier zu Lande bei den Inflationsraten gegen die Energiepreiseffekte durchsetzen, dürfte es noch etliche Monate dauern. Neben den Inflationsdaten stehen am Donnerstag in den USA auch die Produzentenpreise für den Juli an – sowie am Freitag das vorläufige von der Michigan Universität erhobene Verbrauchervertrauen für den August. In Deutschland kommen die finalen Inflationsdaten für den Juli übermorgen. Und während für den gesamten Euroraum die Juni-Industrieproduktion am Freitag die wohl wichtigste Makro-Veröffentlichung ist, steht in Großbritannien am Freitag das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal auf der Agenda. In China folgen auf die Handelsbilanz diesen Sonntag am Mittwoch die Inflations- und Produzentenpreisdaten für den Monat Juli. Am selben Tag publiziert auch Japan seine entsprechenden Produzentenpreisdaten. Und in Europa geht es in die finale Phase der Halbjahreszahlensaison, wobei diese Woche alleine acht DAX-Unternehmen ihre Bücher öffnen.
RELATIVE TAKTISCHE ASSET-ALLOKATION
Unsere Anlagestrategie bleibt weiterhin auf Diversifikation ausgerichtet, wobei wir Aktien insgesamt neutral gewichten. Angesichts der insbesondere in der Eurozone gestiegenen Rezessionsgefahren gewichten wir dabei Aktien aus dem Euroraum unter. Unsere übergewichteten Regionen bleiben die aus unserer Sicht insgesamt derzeit stabileren US-Aktien, und auch jene aus Schwellenländern gewichten wir weiterhin leicht über. Unsere strukturellen Branchenfavoriten lauten nach wie vor Technologie und Gesundheit.
Auf der Rentenseite bleiben wir ebenfalls insgesamt neutral aufgestellt. Wir favorisieren dabei weiterhin Schwellenländer-Staatsanleihen in Hartwährung gegenüber niedrig verzinslichen europäischen Staatspapieren. Gold bleibt für uns ein wichtiger diversifizierender Kernbestandteil von Portfolios.