Wochensicht
Die mit Spannung erwartete Rede von Fed-Chef Jerome Powell am vergangenen Freitag versetzte den Märkten einen deutlichen Dämpfer. Der DAX rutschte zum Handelsschluss unter die Marke von 13.000 Punkten. Powell stellte die Märkte auf ein weiterhin entschlossenes Vorgehen der Fed gegen die hohen Preissteigerungen ein. Zudem erteilte er den Spekulationen auf eine „softe“ Zinswende vorerst eine Absage. Ein Ende der Zinsanhebungen werde es laut Powell erst geben, wenn die Inflation nachhaltig bekämpft sei. Ein klares Ziel in Sachen Zinslevel nannte er zwar nicht, aber er betonte, dass die Fed eine Abschwächung der US-Konjunktur als geringeres Übel im Vergleich zu einer dauerhaft hohen Inflation betrachte. Die in der Folge gestiegenen Zinserwartungen belasteten am Freitag auch den Goldpreis und den Euro. Ob die Fed das Tempo der Straffung auf der September-Sitzung verlangsamen wird, ist höchst ungewiss. Möglicherweise werden die kommenden Inflations- und Arbeitsmarktberichte im September etwas mehr Aufschluss darüber geben. Auch die Kommentare von EZB-Mitglied Isabel Schnabel deuteten auf ein kraftvolles Vorgehen der EZB gegen die Inflation hin, etwa um der inflationsfördernden Euro-Schwäche entgegenzuwirken. Am Freitag kamen etwa Gerüchte auf, dass die EZB bei ihrer nächsten Sitzung im September eine Zinsanhebung um 75 Basispunkten erörtern werde. Wir halten jedoch eine Zinsanhebung um 50 Basispunkte für wahrscheinlicher.
Das vergangene Woche erschienene ifo-Geschäftsklima deutete auf eine Verschlechterung der Stimmung in der deutschen Wirtschaft hin. Das Barometer war zum dritten Mal in Folge rückläufig, wenn auch nur noch in einem geringeren Ausmaß, und liegt auf dem niedrigsten Stand seit Juni 2020. Vor allem die hohe Inflation, die gestiegenen Gaspreise und die Lieferkettenproblematik setzen der deutschen Wirtschaft zu. Das Institut rechnet für das laufende dritte Quartal mit einem Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um ein halbes Prozent. Dagegen revidierte das Statistische Bundesamt seine vorläufige Schätzung für das BIP-Wachstum im zweiten Quartal leicht nach oben und wies im Rahmen der finalen Zahlen ein leichtes Plus in Höhe von 0,1% aus. Zuvor ist man noch von einer Stagnation ausgegangen. Im ersten Quartal war die deutsche Wirtschaft noch um 0,8% gewachsen. Die Stimmung der deutschen Konsumenten brach indes deutlich ein. Das Barometer der Nürnberger Gfk-Marktforscher sank zum dritten Mal in Folge und liegt nun auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebung für Gesamtdeutschland im Jahr 1991. Sorgen vor höheren Energiekosten in den kommenden Monaten ließen die Sparneigung deutscher Konsumenten deutlich ansteigen. Ein weiteres Signal in Richtung konjunktureller Eintrübung lieferten die Einkaufsmanagerindizes vergangene Woche. Der Index für die Industrie konnte sich zwar leicht erholen, liegt aber nach wie vor unter 50 Punkten. Das Pendant für den Dienstleistungssektor entfernte sich weiter nach unten von dieser Marke und liegt nun bei 48,2 Zählern.
Ein wichtiges Ereignis in dieser Woche ist die Abschaltung der russischen Gaspipeline „Nord Stream 1“ (Mittwoch bis Freitag), was gleichzeitig mit dem Risiko einhergeht, dass die Gaslieferungen nicht wieder aufgenommen werden. Eine mögliche Gasverknappung stellt unseres Erachtens eine der größten Risikofaktoren für die europäische Konjunktur dar. Ansonsten hält diese Woche, wie zum Monatswechsel üblich, eine Reihe interessanter Makrodaten bereit. Deutschland (Dienstag) und Frankreich (Mittwoch) werden vorläufige Zahlen zur August-Inflation veröffentlichen. Die hohen Energiekosten dürften erneut Auslöser für einen Anstieg bedeuten. Die Gesamtinflationsrate im Euroraum erscheint am Mittwoch und könnte durchaus die 9%-Marke erreichen. Am Mittwoch erscheint der Einkaufsmanagerindex des Verarbeitenden Gewerbes in China, der zwar in der Kontraktionszone unter 50 Punkten bleiben sollte, sich aber leicht von vormals 49 Punkten erholen könnte. Dagegen dürften weitere PMI-Daten aus China (Donnerstag) jedoch auf eine Expansion hindeuten, weshalb wir nach der durch die Abriegelung verursachten Kontraktion im zweiten Quartal für das dritte Quartal eine Rückkehr zum Wachstum erwarten. In den USA werden alle Augen auf die ISM-Umfrage (Donnerstag) gerichtet sein, die ein langsameres, aber positives Wachstum im verarbeitenden Gewerbe erkennen lassen dürfte, sowie auf die Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft (Freitag), die im Anschluss an den großen Bericht des letzten Monats veröffentlicht werden. Der Konsens rechnet mit 290.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen, was zwar einen deutlichen Rückgang gegenüber dem Vormonat (528.000) bedeuten würde, für die Fed immer noch Anlass genug sein dürfte, um an ihrer falkenartigen Rhetorik festzuhalten.
Relative Taktische Asset-Allokation
Unsere Anlagestrategie bleibt weiterhin auf Diversifikation ausgerichtet, wobei wir Aktien insgesamt neutral gewichten. Angesichts der insbesondere in der Eurozone gestiegenen Rezessionsgefahren gewichten wir dabei Aktien aus dem Euroraum unter. Unsere übergewichteten Regionen bleiben die aus unserer Sicht insgesamt derzeit stabileren US-Aktien, und auch jene aus Schwellenländern gewichten wir weiterhin leicht über. Unsere strukturellen Branchenfavoriten lauten nach wie vor Technologie und Gesundheit.
Auf der Rentenseite bleiben wir ebenfalls insgesamt neutral aufgestellt. Wir favorisieren dabei weiterhin Schwellenländer-Staatsanleihen in Hartwährung gegenüber niedrig verzinslichen europäischen Staatspapieren. Gold bleibt für uns ein wichtiger diversifizierender Kernbestandteil von Portfolios.
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