Blick über die Märkte vom 12. Dezember 2022

Blick über die Märkte vom 12. Dezember 2022

Während das EU-Parlament von einer vermeintlichen Korruptionsaffäre erschüttert wird, hat das letzte noch ausstehende Ergebnis der US-Wahlen vergangene Woche die Bestätigung des demokratischen Senators Raphael Warnock in Georgia gebracht, womit die hauchdünne Mehrheit der Demokraten im Senat besiegelt wurde.

Wochensicht

Während das EU-Parlament von einer vermeintlichen Korruptionsaffäre erschüttert wird, hat das letzte noch ausstehende Ergebnis der US-Wahlen vergangene Woche die Bestätigung des demokratischen Senators Raphael Warnock in Georgia gebracht, womit die hauchdünne Mehrheit der Demokraten im Senat besiegelt wurde. An der Datenfront wartete Amerika mit einem überraschend starken 'ISM'-Einkaufsmanagerbericht für den Dienstleistungssektor auf, der auf eine robuste Wirtschaftstätigkeit, aber einen nach wie vor erhöhten Preisdruck hindeute. Letzteres gilt auch für den stärker als erwarteten Anstieg der US-Produzentenpreise im November, während allerdings andere Preisindikatoren wie der Manheim-Gebrauchtwagenindex ihren Abwärtstrend fortsetzten. Die Auftragseingänge amerikanischer Firmen stiegen im Oktober gegenüber September mit 1,0%, was allerdings hauptsächlich auf Erdölprodukte und steigende Lagerbestände zurückzuführen war. Vor diesem Hintergrund schloss der Wall Street-Leitzindex S&P 500 die Vorwoche mit einem spürbaren Minus von -3,4 % ab, während sich europäische Aktien gemessen am STOXX 600-Index mit -0,9 % - ähnlich wie der DAX mit -1,1 % - besser hielten. Konjunkturstützend und zugleich nach vorne inflationssenkend ist der überraschend deutliche Rückgang des Brent-Ölpreises um elf Prozent in der Vorwoche.

In der Eurozone, wo das endgültige Bruttoinlandsprodukt für das dritte Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum leicht auf 2,3 % nach oben revidiert wurde, schwächten sich die Einzelhandelsumsätze im Oktober mit -1,8 % im Jahresvergleich weiter ab, was auf eine milde, aber nicht tiefe Rezession in der Eurozone hindeutet. In diese Richtung deutet auch die im Oktober fast stabile deutsche Industrieproduktion, wobei vor allem der vom Autoverband publizierte Anstieg der Fahrzeugproduktion im November aufatmen lässt. Die Auftragseingänge wiesen allerdings ein weiteres - wenn auch nur knapp einprozentiges - Minus auf. Insgesamt stimmen die Entwicklungen mit dem in unserem Counterpoint-Jahresausblick 2023 dargelegten Einschätzungen überein. In China hat Peking zwar begonnen, seine strenge 'Null-Toleranz-Politik' in Sachen Covid-Beschränkungen zu lockern. Es ist aber noch zu früh, um die Auswirkungen in den Daten zu sehen. In der vergangenen Woche schrumpfte ein wichtiger chinesischer Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor im November noch stärker als erwartet, und die Importe fielen im Jahresvergleich um 10,6 % - was beides auf eine schwache Inlandsnachfrage zurückzuführen ist. Auch die Inflation bleibt in China - anders als im Westen - schwach: Die Verbraucherpreise stiegen im Jahresvergleich nur um 1,6 %, und die für die westlichen Inflationstrends wichtigen Fabrikpreise der "Werkbank für den Westen" sanken wie schon im November im Vorjahresvergleich um 1,3 %. Auch die schwache globale Nachfrage hilft China nicht: Die Exporte sanken im November um 8,7 % im Jahresvergleich. Eine Belebung des Wachstums wird wahrscheinlich allmählich und nicht V-förmig erfolgen. Dennoch lockert Peking seine Corona-Einschränkung weiter in kleinen Schritten.  

Diese Woche stehen nach den US-Inflationszahlen am Dienstag ab Mittwoch die Notenbanken im Fokus: Die Fed und Europas zwei führende Notenbanken werden wohl mit ‚2,5 – 3,5 – 4,5‘ ins neue Jahr gehen - und zwar hinsichtlich der wohl jeweils um 50 Basispunkte steigenden Leitzinssätze nach den Sitzungen von EZB (Anhebung auf 2,5%), Bank of England (3,5%) und Fed (oberes Ende der US-Leitzinsspanne auf 4,5%). Wir halten allerdings die avisierten News zum Abbau der EZB-Bilanzsumme für interessanter: Die EZB wird 2023 wohl zumindest einen Teil ihrer fällig werdenden Anleihen nicht mehr reinvestieren und damit die Liquidität verknappen. Das bedeutet zwar grundsätzlich Gegenwind für die Finanzmärkte, aber um finanziell schwächere Euro-Länder nicht zu sehr zu belasten, wird sie dies wahrscheinlich nur eingeschränkt machen. Im Lauf der Woche werden die regionalen Wachstumstrends rund um den Globus angesichts einer regelrechten Datenflut einem Realitätscheck unterzogen. Das eigentliche Augenmerk liegt jedoch auf Dienstagnachmittag, wenn die US-Inflationsdaten für November anstehen. Aufgrund niedrigerer Energiepreise und sinkender Gebrauchtwagenpreise erwarten wir, dass der Verbraucherpreisindex, der im Juni seinen Höchststand erreicht hatte, weiter zurückgehen wird. Der Marktkonsens geht derzeit von einem Rückgang der Gesamtinflation von 7,7 % im Oktober auf 7,3 % im November aus, während für die Kerninflation ein Rückgang von 6,3 % auf 6,0 % erwartet wird. Uns würde es nicht überraschen, wenn die US-Inflationsdaten noch etwas mehr als erwartet sinken. In den USA stehen kommende Woche zudem am Donnerstag noch Industrie- und Einzelhandelsdaten für den November auf der Agenda – und, wie in Europa und Japan auch – am Freitag die vorläufigen Dezember-Einkaufsmanagerindizes. Und während in Deutschland morgen noch die finalen Inflationszahlen für November sowie die ZEW-Konjunkturerwartungen anrollen, rücken für den Euroraum insgesamt am Mittwoch Industriezahlen sowie am Freitag ebenfalls die finale November-Inflation sowie zusätzlich die Handelsbilanz für Oktober im Fokus. Überdies meldet China am Mittwochmorgen noch seine Dezemberzahlen in Sachen Industrie und Einzelhandel. On Top der Makro-News-Flut kommt in der zweiten Wochenhälfte noch der erste EU-Gipfel mit Italiens neuer Regierungschefin Giorgia Meloni. Das dürfte zwar eher für Schlagzeilen als Kurskapriolen sorgen, für letztere sind aber sowohl die Notenbanken als auch die anstehenden Daten gut. Unterm Strich dürfte nächste Woche die Marktvolatilität nochmal einen Sprung nach oben machen, bevor es für viele dann langsam in den Weihnachtsurlaub geht.

Relative Taktische Asset-Allkokation

Unsere Anlagestrategie bleibt auf Diversifikation ausgerichtet, wobei wir allerdings den Fokus etwas auf Anleihen verschoben haben. Bei Aktien bleiben wir bei unserer leicht untergewichteten Positionierung mit einer anhaltenden Präferenz für die USA gegenüber Europa und Japan. Zudem übergewichten wir auch Aktien der aus unserer Sicht insgesamt attraktiv bewerteten Schwellenländer, in denen mit Blick nach vorne teilweise auch wieder mehr geldpolitische Lockerungsmaßnahmen wahrscheinlich sind. Weiterhin halten wir grundsätzlich dividendenstarke und weniger volatilere Aktien für 2023 für aussichtsreich.

Wie angekündigt haben wir unsere zwischenzeitlich erhöhte Cash-Position aufgelöst und diese primär im Bondbereich investiert. Auf der Rentenseite favorisieren wir Anleihen höherer Qualität gegenüber Hochzinsanleihen, da erstere mittlerweile wieder oft ansehnliche Renditen liefern und der riskantere zweite Bereich unseres Erachtens die Konjunkturrisiken noch zu wenig einpreist. Schwellenländer-Staatsanleihen in Hartwährung bleiben zudem aus unserer Sicht ein attraktiv bewertetes Segment. Und Gold ist unverändert ein Kernbestandteil unserer Diversifizierungsstrategie. 

Hier den kompletten Blick über die Märkte als PDF zum Herunterladen.

*Die dem vorliegenden „Blick über die Märkte“ zugrundeliegenden Informationen stammen aus Medienberichten, öffentlich zugänglichen Unternehmensberichten und den gesondert angegebenen Quellen. Die Quellen wurden von Merck Finck auf der Basis ihrer professionellen Einschätzung als verlässlich gewertet. Merck Finck kann jedoch keine Haftung für die Korrektheit und Vollständigkeit der Informationen übernehmen. Die dargestellten  Annahmen, möglichen Entwicklungen und Meinungen stellen Merck Fincks professionelles Urteilzum Zeitpunktder Veröffentlichung des „Blicks über die Märkte“dar und unterliegen der Möglichkeit der jederzeitigen Änderung, ohne dass dies zu einer entsprechenden Veröffentlichung führen muss Der „Blick über die Märkte“ stellt in keinster Weise ein Angebot, eine Aufforderung oder  eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf eines Finanzinstrumentes oder der Beauftragung einer Finanzdienstleistung dar.  Merck Finck weist daraufhin, dass Finanzanlagen das Risiko des vollständigen Kapitalverlustes innewohnen kann. Der Anleger sollte ausschließlich in Finanzanlagen investieren, deren Risiken er auf Basis seiner Erfahrungen und Kenntnisse verstehen kann und diese zu tragenerfinanziell bereit und in der Lage ist. Vor einer Investition in einzelne Finanzinstrumente bzw. der Beauftragung von Finanzdienstleistungen sollte unbedingt professioneller Rat eingeholt werden. Copyright © 2020: MERCK FINCK A QUINTET PRIVATE BANK (EUROPE) S.A. branch