Wochensicht
Die Aktien- und auch die Rentenmärkte bleiben unter Druck. Neben dem rund vierprozentigen Wochenminus an den meisten Aktienmärkten fiel vor allem der starke Renditeanstieg in der Vorwoche auf, der etwa die zehnjährige Bundrendite erstmals seit 2013 wieder über die Zweiprozentmarke schießen ließ. Hintergrund waren neben den anhaltenden Rezessions- und Inflationssorgen vor allem die entschlossenen Zinsentscheidungen einer Reihe von Notenbanken - so wurden die Leitzinsen in der Schweiz um 75 Basispunkte angehoben (und damit dort die Negativzinspolitik beendet). In Schweden gab es sogar einen Schritt um einen ganzen Prozentpunkt nach oben. Im Fokus stand allerdings die Fed, die den US-Leitzins wie erwartet zum dritten Mal in Folge um 75 Basispunkte auf nunmehr 3,00-3,25% nach oben schleuste und klar machte, dass sie weiter die Inflationsbekämpfung über konjunkturelle Sorgen stellen wolle. Die neuen Prognosen der Fed deuten auf einen mittleren Leitzins von 4,4% zum Jahresende hin, sprich zwei weitere Leitzinsanhebungen in den verbleibenden beiden Sitzungen. Und die Fed sieht für nächstes Jahr nun einen Anstieg der US-Arbeitslosenquote - allerdings vom aktuell sehr niedrigen Niveau ausgehend. In London beschloss die Bank of England den erwarteten 50-Basispunkte-Schritt nach oben. Dort war allerdings das neue Fiskalpaket der Regierung Truss das Hauptthema. Da es mit massiv durch Schulden finanziert werden soll, fiel das britische Pfund auf den niedrigsten Stand seit 1985. Und in der Eurozone schockierte die Teilmobilmachung Russlands mit Reservisten zum Einsatz in der Ukraine, was Wladimir Putin innenpolitische Unruhen beschert. Die USA drohten hingegen mit massiven Konsequenzen, sollte der Kreml strategische Nuklearwaffen einsetzen, womit Putin drohte. Und dann gewann in Italien auch noch - allerdings wie erwartet - das Mitte-Rechts-Lager um Giorgia Meloni die gestrigen Parlamentswahlen, womit sie wahrscheinlich Nachfolgerin von Mario Draghi auf dem Premierminister-Posten werden dürfte. Dies dürfte für die EU wieder zu mehr Gegenwind aus Italien führen.
Indes werden die Konjunkturdaten gerade in Europa angesichts der Energiekrise und der Inflations- und Kriegsunsicherheit wie erwartet immer schwächer. So stürzte das Ifo Geschäftsklima, und dabei vor allem die wichtigen Geschäftserwartungen, diesen Monat weiter ab. Letztere sind jetzt fast so pessimistisch wie nach dem Covid-Ausbruch 2020. Am Freitag hatten bereits die europäischen und gerade auch die deutschen Einkaufsmanagerindizes ihren Abwärtstrend fortgesetzt und damit weitere Rezessionssignale gesendet. Dass der deutsche Inflationstrend nicht nur wegen des Wegfalls des 9-Euro-Tickets und staatlichen Benzinkostenzuschusses bis August ab diesem Monat wieder steigen wird, war klar. Dass dieser Trend noch länger anhalten könnte, darauf deuten die im August um satte 46 % gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegenen Produzentenpreise hin. Der Haupttreiber dahinter waren Energiekosten (inkl. Stromkosten). Auch europäische Verbrauchervertrauensdaten wie die jüngste GfK-Umfrage in Großbritannien werden immer optimistischer und avisieren klar nachlassende Konsumtrends. Und während die zahlreichen Häusermarktdaten in den USA gemischt ausfielen, erholte sich dort die Einkaufsmanagerstimmung vor allem im Dienstleistungsbereich, was die anhaltend größere Robustheit der Konjunktur in den USA im Vergleich zu Europa belegt. In Japan kletterte die Inflationsrate im August erstmals seit 2014 wieder auf drei Prozent.
Die erneut schwächeren europäischen Einkaufsmanagerindizes und der negative Ifo dürften auch für die diese Woche zahlreich weiteren anstehenden Stimmungsindizes wie dem deutschen Konsumklima die Richtung vorgeben: zunehmender Pessimismus. Kurzfristig ist gerade in Europa angesichts der Entwicklungen in Russland, den Energieängsten und am Donnerstag möglicherweise auch noch einer zweistellige deutschen Inflationsrate wohl kaum eine Besserung in Sicht. Dies setzt auch dem Euro immer mehr zu. Letztendlich wird wohl nicht nur die EZB, sondern auch weitere europäische Notenbanken, ob in der Schweiz oder in England, nicht nur zur Inflationsbekämpfung, sondern auch um ihre Währungen zu verteidigen, nichts anderes übrig bleiben, als vorerst mit den Fed-Zinserhöhungen weitgehend Schritt halten. Der Euro wird aus unserer Sicht weiterhin Schwierigkeiten haben, die Parität zum Dollar zu verteidigen. Diese Woche steht ein ganzes Bündel an äußerst wichtigen Stimmungsdaten auf der Agenda: morgen das US-Verbrauchervertrauen, am Mittwoch das GfK-Konsumklima sowie tags darauf das Wirtschaftsvertrauen für die Eurozone. In der zweiten Wochenhälfte verschiebt sich der Fokus dann zusehends auf die Inflation, mit den vorläufigen September-Inflationszahlen für Deutschland am Donnerstag und für den gesamten Euroraum am Freitag. Weitere wichtige Daten sind der deutsche Arbeitsmarktbericht am Freitag sowie in den USA Auftragszahlen für langlebige Wirtschaftsgüter (morgen), das finale amerikanische Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal (Donnerstag) sowie US-Kerninflationsdaten am Freitag. Und in Asien werden Chinas Einkaufsmanagerindizes am Freitag Aufschluss über die dortigen Konjunkturtrends geben.
Relative Taktische Asset-Allkokation
Unsere Anlagestrategie bleibt weiterhin auf Diversifikation ausgerichtet, wobei wir Aktien insgesamt (wie auch die drei anderen Anlageklassen, daher keine Balken in obiger Grafik) neutral gewichten. Wir sehen aktuell mehr Chancen innerhalb der Anlageklassen: So gewichten wir angesichts der insbesondere in der Eurozone gestiegenen Rezessionsgefahren Aktien aus dem Euroraum unter. Unsere übergewichteten Regionen bleiben die aus unserer Sicht insgesamt derzeit stabileren US-Aktien, und auch jene aus Schwellenländern gewichten wir weiterhin leicht über. Unsere strukturellen Branchenfavoriten lauten nach wie vor Technologie und Gesundheit.
Auf der Rentenseite bleiben wir ebenfalls insgesamt neutral aufgestellt. Innerhalb der Anlageklasse favorisieren wir weiterhin Schwellenländer-Staatsanleihen in Hartwährung gegenüber niedrig verzinslichen europäischen Staatspapieren. Gold bleibt für uns ein wichtiger diversifizierender Kernbestandteil von Portfolios.
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