Wochensicht
Endlich konkretisieren sich mit der Vorstellung der Pläne der Gas-Kommission die zu erwartenden Hilfen für deutsche Verbraucher und Unternehmen: Demnach soll der Staat im ersten Schritt im Dezember einmalig eine Abschlagzahlung übernehmen. Im zweiten Schritt soll dann ein Kompensationsmodell eingeführt werden, das einen Teil der Gasrechnungen subventionieren soll - dies allerdings wohl erst ab April. Unterdessen hoffen die Anleger nach dem schwachen dritten Quartal für die Börsen zunehmend auf Unterstützung durch die Notenbanken. Dies zeigte sich vergangene Woche, als sie auf Basis einiger enttäuschender Makrodaten anfingen, einen weniger straffen Zinspfad einzupreisen. Dies führte zu einer spürbaren zwischenzeitlichen Erholung der Aktienmärkte und der Renditen. Die Hoffnungen auf eine weniger straffe Fed-Politik wurden jedoch schnell zunichte gemacht, als wieder bessere Wirtschaftsdaten wie zuerst ein nach wie vor starker "ISM"-Einkaufsmanagerbericht für den US-Dienstleistungssektor und dann auch noch der sehr solide amerikanische Arbeitsmarktbericht für September kamen. Laut Letzterem wurden erneut mehr neue Jobs geschaffen als erwartet und die Arbeitslosenquote sank auf ihren Tiefstand 3,5 % von vor zwei Jahren. Wenig überraschend bekräftigte eine Reihe von Fed-Sprechern denn auch ihre Entschlossenheit, die US-Leitzinsen so lange zu erhöhen, bis die Inflation deutlich zurückgeht. Anders sieht es im Euroraum aus: Hier verschlechtern sich die Aussichten weiter, da die hohe Inflation und die steigenden Energiepreise sowohl Verbraucher wie Unternehmen belasten. Dies dürfte sich auch bei den Ausblicken der europäischen und gerade auch deutschen Unternehmen anlässlich der Präsentation ihrer Zahlen für das dritte Quartal in den kommenden Wochen zeigen.
Von der Energieseite kam letzte Woche eine weitere Hiobsbotschaft für den Westen: Die OPEC+ (inklusive Russlands) kündigte eine Kürzung ihrer Öllieferungen an - die Kürzung entspricht rund 2 % des weltweiten Öl-Angebots. Daraufhin haben die Ölpreise deutlich angezogen, was bereits bei uns an den Zapfsäulen zu spüren ist. Einige OPEC-Länder - wie Saudi-Arabien - haben sogar zusätzliche freiwillige Kürzungen angekündigt. Da dies inflationsfördernd wirkt, ist eine schnelle Kurswende der Notenbanken noch unwahrscheinlicher geworden. In Deutschland ist die Industrieproduktion im August gegenüber Juli - vor allem in energieintensiven Branchen wie Chemie und Stahl/Metall um knapp ein Prozent gesunken. Die Auftragseingänge fielen sogar um 2,4 %, wobei hier immerhin der Juli-Eingang deutlich nach oben revidiert wurde. Die deutsche Handelsbilanz sah im August dagegen besser aus, was nicht zuletzt auf dem schwachen Euro beruht. Im Euroraum sanken im August die Einzelhandelsumsätze mehr als erwartet, wobei hier auch die Produzentenpreise (um 43 % über Vorjahresniveau) auf keine schnelle Inflationswende hinweisen. Und auch aus China kommen schwächere Zahlen: So stürzte ein wichtiger Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor deutlich ab, was nicht zuletzt an fortgesetzten lokalen Corona-Lockdowns im Rahmen der 'Null-Toleranz-Politik' lag, die beim kommenden Sonntag beginnenden Kongress der Kommunistischen Partei eines der Themen sein dürfte.
Für Börsianer ist die Zukunft entscheidend – denn was morgen geschieht, gibt bereits heute die Richtung der Märkte vor. So verwundert es nicht, dass schon jetzt über einen weniger „hawkishen“ Kurs der Notenbanken spekuliert wird. Es ist in dieser Phase zwar normal, dass am Markt Spekulationen über ein baldiges Ende der Leitzinserhöhungen von Fed & Co spekuliert wird, allerdings ist es aus unserer Sicht verfrüht. Denn die Inflationstrends lassen noch keinen weniger bremsenden Kurs der Notenbanken zu – vorerst auch noch nicht in den USA. Dennoch werden die Spekulationen mit moderateren Konjunktur- und vor allem Inflationsdaten in den USA zunehmen; die Fed dürfte aber auch erst dann mit einiger Verzögerung ihr ‚wording‘ ändern – bis zu diesem Schlüsselmoment für die Börsen dürfte es noch mindestens einige Wochen dauern. Diese Woche stehen bei den Makrodaten denn auch die US-Inflationszahlen für September (am Donnerstag) besonders im Fokus. Wir rechnen hier mit einer leichten Entspannung. Weitere wichtige amerikanische Veröffentlichungen sind die Produzentenpreise sowie das Protokoll zur jüngsten Fed-Sitzung (Mittwoch) sowie am Freitag die Einzelhandelsumsätze und das Michigan-Verbrauchervertrauen. Auch in China werden Inflationsdaten und Produzentenpreise im Rampenlicht stehen (am Freitag). Hier zu Lande richten sich die Blicke am Donnerstag auf die finalen September-Inflationszahlen sowie am Freitag auf die entsprechenden Großhandelspreise. Sowohl für die Eurozone als auch für Großbritannien kommen am Mittwoch Industrieproduktionsdaten. Und am Freitag steht noch die Handelsbilanz des Euroraums an.
Relative Taktische Asset-Allkokation
Unsere Anlagestrategie bleibt weiterhin auf Diversifikation ausgerichtet, allerdings reduzieren wir aufgrund der anhaltenden Unsicherheiten und der sich aus unserer Sicht spürbar schwächeren Wachstums- und Gewinntrends unser Aktienengagement von neutral auf untergewichten. Im Gegenzug parken wir die frei werdenden Mittel als Liquidität im aus unserer Sicht erst einmal weiter starken US-Dollar, um sie dann, wenn sich Gelegenheiten bieten, wieder zu investieren. Unsere übergewichteten Regionen bleiben die unseres Erachtes insgesamt derzeit stabileren USA wie auch die Schwellenländer. Die strukturellen Branchenfavoriten lauten nach wie vor Technologie und Gesundheit.
Auf der Rentenseite bleiben wir ebenfalls insgesamt neutral aufgestellt. Innerhalb der Anlageklasse favorisieren wir weiterhin Schwellenländer-Staatsanleihen in Hartwährung gegenüber niedrig verzinslichen europäischen Staatspapieren. Gold bleibt für uns ein wichtiger diversifizierender Kernbestandteil von Portfolios.
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