Blick über die Märkte vom 17. Oktober 2022

Blick über die Märkte vom 17. Oktober 2022

Während die US-Inflationsrate für September weniger als erwartet nur von 8,3 % auf 8,2 % sank, zahlte der britische Finanzminister Kwasi Kwarteng den Preis für seinen umstrittenen finanzpolitischen Plan für Großbritannien: Am Freitag entließ ihn Premierministerin Truss und ernannte Jeremy Hunt zum neuen Finanzminister.

Wochensicht

Während die US-Inflationsrate für September weniger als erwartet nur von 8,3 % auf 8,2 % sank, zahlte der britische Finanzminister Kwasi Kwarteng den Preis für seinen umstrittenen finanzpolitischen Plan für Großbritannien: Am Freitag entließ ihn Premierministerin Truss und ernannte Jeremy Hunt zum neuen Finanzminister. Im Gegensatz zur fiskalischen Kehrtwende der Regierung konnte die Bank of England ihre Glaubwürdigkeit stärken, indem sie an dem geplanten Ende ihrer Anleihekäufe festhielt. An den Börsen sorgte dies für einige Unruhe, so dass der amerikanische Leitindex S&P 500 die Woche um -1,6 % und der britische FTSE 100 um -1,9 % abschlossen, während sich der DAX um +1,3 % erholen konnte. Am Rentenmarkt kletterten die Renditen weiter - diejenige für zehnjährige Bundesanleihen auf 2,35 % und jene für entsprechende US-Staatstitel sogar auf 4,02 %. Auf dem Kontinent und hier zu Lande bleibt die Energiekrise das wichtigste Thema: Die Europäische Kommission hat nach dem deutschen "Wumms"-200 Milliarden Euro-Paket eine Reihe neuer Maßnahmen zur Begrenzung der Energiepreise vorgeschlagen - ist aber noch zu keiner Lösung gekommen. Hilfreich für einen europäischen Gaspreisdeckel wären für die Finanzierung die umstrittenen EU-Anleihen - Gerüchte, Kanzler Olaf Scholz hätte dafür seine Bereitschaft erklärt, wurden aber nicht bestätigt. Unterdessen bleibt die geopolitische Verunsicherung angesichts des weiter erbitterten Krieges zwischen Russland und der Ukraine hoch. Und die USA drohten Saudi-Arabien auf die Förderkürzungen der OPEC+ und die Ankündigung des arabischen Staates, seine Ölförderung selbst noch stärker zu kürzen, mit Konsequenzen. Schließlich stehen in den USA bereits am 8. November die wichtigen Zwischenwahlen an. Und eines kann Präsident Biden dabei im Vorfeld gar nicht brauchen: All zu hohe Preise an den Zapfsäulen, denn dafür haben in der Vergangenheit schon viele US-Präsidenten bzw. ihre Parteien am Wahltag einen deftigen Denkzettel bekommen - ob sie nun etwas dafür konnten oder nicht.

Der Internationale Währungsfonds reduzierte seine globale Wirtschaftswachstumsprognose für 2023 ein weiteres Mal - und zwar von +2,9 % auf 2,7 %. Ebenfalls wenig überraschend kürzte er seine Schätzung für Deutschland von +0,8 % auf -0,3 % besonders stark, wobei wir auch diese Prognose für zu optimistisch halten. Jedenfalls wurde die deutsche Inflationsrate für September final mit zehn Prozent bestätigt, wobei nun die Gewerkschaften für die anstehende Tarifrunde im öffentlichen Dienst mit +10,5 % mehr Lohn  erstmal mit einer zweistelligen Forderung aufwarten. In den USA bestätigte das Protokoll zur jüngsten Sitzung die Entschlossenheit der Fed, an ihrem Leitzinspfad festzuhalten. Wir rechnen bei den beiden dieses Jahr ausstehenden Treffen Anfang November und Mitte Dezember mit weiteren Erhöhungen um 75 und 50 Basispunkte. Immerhin zogen nach den chinesischen auch die US-Fabrikpreise im September mit +8,5 % gegenüber dem Vorjahresmonat weniger dramatisch an als am Markt erwartet. Allerdings kletterte Amerikas Kerninflationsrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) im September auf ein 40-Jahreshoch von 6,6 %, wobei der Druck an Breite gewann und gerade in den Bereichen Mieten und Dienstleistungen hoch blieb. Jedoch zeigen einige aktuellere Preisindikatoren zumindest leichte Entspannungsanzeichen, womit wir weiter davon ausgehen, dass die US-Gesamtinflation ihren Höhepunkt hinter sich hat. In China ist die Inflationsrate hingegen leicht auf das vergleichsweise weiterhin sehr niedrige Niveau von 2,8 % geklettert.

In dieser Woche richtet sich der Fokus auf den 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas, der gestern begonnen hat und bei dem Staatspräsident Xi Jinping seine dritte Amtszeit als Präsident anpeilt. Bei seiner Eröffnungsrede gab er sich entschlossen und bezeichnete die nächsten fünf Jahre (bis zum nächsten Kongress) als entscheidend, stellte aber weder wirtschaftspolitisch noch in Sachen strikter Covid-Politik echte Änderungen in Aussicht. Wir haben speziell auf drei Schlüsselthemen ein Auge: Erstens auf mögliche Anpassungen der wachstumshemmenden "Null-Toleranz"-Politik in Sachen Covid-19, wobei China noch immer nicht über eigene mRNA-Impfstofftechnologie verfügt; zweitens auf mögliche Konjunkturmaßnahmen und drittens auf die Breite und Tiefe der von Xi ausgeübten Macht in einer Zeit, in der China mit wirtschaftlichen Herausforderungen im Inland konfrontiert ist und mit angespannten Außenbeziehungen im Ausland jongliert. In Bezug auf Letzteres warnte Xi die USA vor einer weiteren Unterstützung Taiwans, als er die Vereinigung Chinas und Taiwans als eines der Ziele des chinesischen Festlandes bezeichnete und damit die geopolitischen Risiken im asiatisch-pazifischen Raum wieder in den Vordergrund rückte. China bleibt jedenfalls aus unserer Sicht für Anleger weiterhin sehr bedeutend. Schließlich ist das Land trotz seines moderaterem Wachstumstrends weiterhin der wichtigste Wachstumsmotor der Weltwirtschaft – anders als für Europa gehen wir in unserem Basisszenario für China dennoch von keiner Rezession aus. Morgen Früh werden auch noch das chinesische Bruttoinlandsprodukt für das dritte Quartal sowie Industrie- und Einzelhandelszahlen für den September publiziert. Europas Datenkalender ist diese Woche relativ dünn. Auf die morgigen ZEW-Konjunkturerwartungen der Finanzexperten folgen am Mittwoch die finalen Inflationszahlen des Gesamt-Euroraums für September, am Donnerstag die wohl erneut sehr stark gestiegenen deutschen Produzentenpreise für diesen Monat sowie am Freitag das Verbrauchervertrauen in der Eurozone im laufenden Monat. In Großbritannien kommen am Mittwoch Preis- und am Freitag Konsumdaten. Auch in den USA steht makroseitig keine „busy week“ an: Im Wesentlichen kommen nur Industrie- und Immobilienmarktdaten – morgen die Industrieproduktion im September sowie am Mittwoch und Donnerstag Vormonatszahlen zu Baugenehmigungen, Baubeginnen und Häuserverkäufen. Parallel zu all dem nimmt die Quartalszahlensaison der Unternehmen diese Woche in den USA langsam Fahrt auf.

Relative Taktische Asset-Allkokation

Unsere Anlagestrategie bleibt weiterhin auf Diversifikation ausgerichtet, allerdings reduzierten wir zuletzt aufgrund der anhaltenden Unsicherheiten und der sich aus unserer Sicht spürbar schwächeren Wachstums- und Gewinntrends unser Aktienengagement von neutral auf untergewichten. Im Gegenzug parkten wir die frei werdenden Mittel als Liquidität im aus unserer Sicht erst einmal weiter starken US-Dollar, um sie dann, wenn sich Gelegenheiten bieten, wieder zu investieren. Unsere übergewichteten Regionen bleiben die unseres Erachtes insgesamt derzeit stabileren USA wie auch die Schwellenländer. Die strukturellen Branchenfavoriten lauten nach wie vor Technologie und Gesundheit.

Auf der Rentenseite bleiben wir ebenfalls insgesamt neutral aufgestellt. Innerhalb der Anlageklasse favorisieren wir weiterhin Schwellenländer-Staatsanleihen in Hartwährung gegenüber niedrig verzinslichen europäischen Staatspapieren. Gold bleibt für uns ein wichtiger diversifizierender Kernbestandteil von Portfolios. 

Hier den kompletten Blick über die Märkte als PDF zum Herunterladen.

*Die dem vorliegenden „Blick über die Märkte“ zugrundeliegenden Informationen stammen aus Medienberichten, öffentlich zugänglichen Unternehmensberichten und den gesondert angegebenen Quellen. Die Quellen wurden von Merck Finck auf der Basis ihrer professionellen Einschätzung als verlässlich gewertet. Merck Finck kann jedoch keine Haftung für die Korrektheit und Vollständigkeit der Informationen übernehmen. Die dargestellten  Annahmen, möglichen Entwicklungen und Meinungen stellen Merck Fincks professionelles Urteilzum Zeitpunktder Veröffentlichung des „Blicks über die Märkte“dar und unterliegen der Möglichkeit der jederzeitigen Änderung, ohne dass dies zu einer entsprechenden Veröffentlichung führen muss Der „Blick über die Märkte“ stellt in keinster Weise ein Angebot, eine Aufforderung oder  eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf eines Finanzinstrumentes oder der Beauftragung einer Finanzdienstleistung dar.  Merck Finck weist daraufhin, dass Finanzanlagen das Risiko des vollständigen Kapitalverlustes innewohnen kann. Der Anleger sollte ausschließlich in Finanzanlagen investieren, deren Risiken er auf Basis seiner Erfahrungen und Kenntnisse verstehen kann und diese zu tragenerfinanziell bereit und in der Lage ist. Vor einer Investition in einzelne Finanzinstrumente bzw. der Beauftragung von Finanzdienstleistungen sollte unbedingt professioneller Rat eingeholt werden. Copyright © 2020: MERCK FINCK A QUINTET PRIVATE BANK (EUROPE) S.A. branch