Wochensicht
In der vergangenen Woche reagierte der Markt vor allem auf die Notenbanksitzungen: So führte die erneute US-Leitzinsanhebung um 75 Basispunkte auf 4,00 % sowie die Ankündigung noch weiterer, möglicherweise noch etwas stärkerer Anhebungen dazu, dass der Wall Street-Leitindex S&P 500 um 3,3 % nachgab. In Großbritannien kletterte der britische Leitindex FTSE 100 dagegen um vier Prozent, obwohl die Bank of England ihren Leitzins ebenfalls um 75 Basispunkte nach oben manövrierte - dabei allerdings weniger weitere Zinsanhebungen als vom Markt erwartet, avisierte. Der DAX konnte sich in dieser Gemengenlage mit einem Wochenplus von 1,6 % gut im Mittelfeld etablieren. Die Notenbanken beflügelten auch die Renditen am Rentenmarkt - genauso wie der erneut gute amerikanische Arbeitsmarktbericht: Demnach wurden im Oktober erneut gut 260.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, was über der Konsensprognose von 200.000 liegt. Die Arbeitslosenquote stieg allerdings leicht auf 3,7 % (gegenüber 3,6 % im September) und verzeichnete mit 306.000 neuen Arbeitslosen den zweitgrößten Anstieg seit Beginn der Pandemie. Auf Seiten der Fed rechnen wir aufgrund des starken US-Lohnwachstums und der hohen Inflation im Dezember noch mit einer weiteren Zinserhöhung um 50 Basispunkte. Die Geldmärkte preisen aktuell eine Anhebung zwischen 50 und 75 Basispunkten ein. Die anhaltend starke US-Inflationsdynamik bedeutet aber auch, dass ein entscheidender Kurswechsel der Notenbankpolitik später als ursprünglich erwartet erfolgen könnte, also erst im zweiten Quartal und nicht im ersten Quartal 2023.
In den USA war die "ISM"-Einkaufsmanagerstimmung im Oktober in der Industrie leicht und im Dienstleistungsbereich etwas stärker rückläufig - die Zahlen deuten aber anders als in Europa weiterhin auf leichtes Wirtschaftswachstum hin. In Deutschland belasteten die hohen Energiepreise im September die Produktion, auch wenn diese um +0,6 % gegenüber August stieg. Besonders energieintensive Industriebereiche litten - ein Trend, der sich in den kommenden Wintermonaten fortsetzen könnte. Dass die Konjunktur auch hier zu Lande spürbar nachlässt, zeigt der vierprozentige Rückgang der Auftragseingänge der deutschen Industrie im September gegenüber dem Vormonat. Zwar puffern die vollen Auftragsbücher nicht zuletzt infolge der mittlerweile nachlassenden Lieferkettenproblematik die Produktion für die kommenden Monate ab, doch düfte der mittelfristige Grundtrend damit eher nach unten weisen. Und schließlich machte die EZB für den Euroraum klar, dass zur Inflationsbekämpfung noch eine Reihe weiterer Maßnahmen inklusive Leitzinserhöhungen nötig sein dürften. Schwächere Daten kamen auch aus China, wo die Exporte im Oktober anders als bislang im Vorjahresvergleich leicht rückläufig waren. Damit sind die schwächeren westlichen Konjunkturtrends nun auch unübersehbar in China angekommen. Auch die Importe waren leicht rückläufig. Damit sind beide erstmals seit dem Mai 2020, als Chinas Covid-Beschränkungen voll durchschlugen, gesunken.
Das Top-Ereignis dieser Woche ist der US-Inflationsbericht für Oktober am Donnerstag. Am Freitag kommen auch noch die finalen deutschen Inflationszahlen für diesen Monat. Die morgigen US-Zwischenwahlen dürften aus unserer Sicht nicht zu großen Marktschwankungen führen, da ein politischer Stillstand im Kongress in den letzten beiden Jahren der Amtszeit eines Präsidenten die Regel war. Bei den US-Zwischenwahlen stehen alle 435 Sitze im US-Repräsentantenhaus und 35 der 100 Sitze im US-Senat zur Wahl. Darüber hinaus werden in 36 Bundesstaaten Gouverneurswahlen stattfinden. Den Prognosen zufolge werden die Republikaner bei den wichtigsten Wahlen gut abschneiden, so dass sie sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat eine Mehrheit erringen könnten - derzeit haben die Demokraten eine knappe Mehrheit im Kongress. Die Lebenshaltungskosten sind ein Schlüsselelement bei den Wahlen, denn es wird erwartet, dass die Verbraucherpreisinflation in den USA im Oktober auf Jahresbasis bei 8 % bleibt, was vor allem auf dem erneuten Anstieg der Energiepreise und den anhaltenden Druck auf die Lebensmittelpreise zurückzuführen ist. Die Kerninflation wird aufgrund der hartnäckig hohen Mieten voraussichtlich bei 6,6 % bleiben. Die erhöhte Inflation dürfte das Verbrauchervertrauen in den USA weiterhin beeinträchtigen (Freitag). Morgen stehen ausserdem noch die Einzelhandelsumsätze im Euroraum an.
Relative Taktische Asset-Allkokation
Unsere Anlagestrategie bleibt weiterhin auf Diversifikation ausgerichtet. Dabei bleiben wir bei unserer übergewichteten Aktienposition mit einer anhaltenden Präferenz für die USA gegenüber Europa und Japan. Zudem übergewichten wir auch Aktien der aus unserer Sicht insgesamt attraktiv bewerteten Schwellenländer, in denen mit Blick nach vorne teilweise auch wieder mehr geldpolitische Lockerungsmaßnahmen wahrscheinlich sind.
Auf der Rentenseite favorisieren wir weiterhin Schwellenländer-Staatsanleihen in Hartwährung gegenüber niedrig verzinslichen Anleihen. Gold bleibt ein Kernbestandteil unserer Diversifizierungsstrategie. Unsere Übergewichtung von Liquidität wollen wir nutzen, sobald sich entsprechende Einstiegsmöglichkeiten anbieten.
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