Nach dem katastrophalen Jahr 2022 sieht die Ausgangslage für die Anleihemärkte in diesem Jahr überaus konstruktiv aus. Das ist zumindest die Erwartung vieler Marktbeobachter. Und tatsächlich ist eine relativ breite Erholung zu erwarten, nachdem im vergangenen Jahr fast durchweg zweistellige Verluste zu Buche standen. Aber: Neben viel Licht wird es auch viel Schatten geben. Anleger sollten vorsichtig bleiben und ihre Anleiheinvestments weiterhin selektiv vornehmen.
Die wirtschaftlichen und geldpolitischen Rahmenbedingungen scheinen zunächst eine eindeutige Sprache zu sprechen: Historisch hohe Inflationsraten und Leitzinsanhebungen im Rekordtempo führten zum stärksten Zinsanstieg, den die Kapitalmärkte in den vergangenen 20 Jahren erlebt haben. Die Folge: sinkende Anleihekurse, höhere nominale Renditen. Doch in den USA zeigte sich im 4. Quartal aufgrund der beginnenden Abschwächung der Inflation eine erste Erholung der Anleihekurse. Die Entwicklung in Europa dürfte, wenn auch verzögert, in die gleiche Richtung laufen.
Vor allem durch eine Entspannung bei den Energiepreisen schwächten sich die Konjunktursorgen allerdings über den Jahreswechsel weiter ab, wodurch an den Märkten die Hoffnung auf eine weniger restriktive Geldpolitik in den nächsten Monaten zunahm. Die Anleihemärkte starteten entsprechend mit einem deutlichen Renditerückgang von circa 0,5 % für langlaufende Staatsanleihen alleine in der ersten Januarhälfte sehr freundlich ins neue Jahr.
Auch mit Blick auf die nächsten Monaten halten wir grundsätzlich hochwertige Anleihen für lukrativ, da sie mit Kursgewinnen reagieren dürften, wenn die Zinsen ihren Höhepunkt hinter sich lassen, das Wachstum sich verlangsamt und die Inflation nachlässt. Demgegenüber könnten Anleihen von geringer Qualität unter Druck geraten, insbesondere solche, bei denen die Risikoaufschläge historisch zu niedrig erscheinen. Dies dürfte im Übrigen auch viele Investoren von Hochzinsanleihen treffen, die sich noch in den Zeiten niedriger Zinsen auf der Suche nach Rendite den riskanteren Papieren zugewandt hatten.
Wir gehen mit einem differenzierten Blick auf die Anleihemärkte ins Jahr 2023 und stellen unsere Portfolios entsprechend auf. Im Einzelnen heißt das:
Neben einer differenzierten Betrachtung der einzelnen Sektoren raten wir Investoren zudem, sich über ihre Schwankungstoleranz im Klaren zu sein. Denn solange die Notenbanken ihren Zinserhöhungszyklus noch nicht erkennbar beendet haben und die Inflationsraten nicht deutlich näher an die Zielmarken der Notenbanken heranrücken, sollten Anleger nicht von einer weiterhin hohen Volatilität an den Rentenmärkten überrascht sein.