Der Beginn der Zinssenkungen wird am Immobilienmarkt sehnlichst erwartet. Wenn die EZB in der kommenden Woche wie erwartet den ersten Schritt der Zinswende umsetzt, erhoffen sich viele Käufer am Immobilienmarkt, dass damit auch der Weg frei ist für günstigere Immobilienfinanzierungen. Dies würde wiederum auch eine Erholung der Immobilienpreise bedeuten. Diese Hoffnungen dürften noch verfrüht sein. Die Trendwende am Immobilienmarkt dürfte nicht im Gleichschritt mit der Zinswende kommen. Wichtige Impulse werden von der erwarteten Leitzinssenkung dennoch ausgehen. Drei Effekte sind dabei entscheidend:
Erstens: Sinkende Zinsen sind gut für die Stimmung. Auf die realen Finanzierungskonditionen für Investoren und private Bauherren wird eine Leitzinssenkung um 0,25 Prozent zwar erst einmal kaum einen Effekt haben, weil die erste Zinssenkung weitgehend im Markt eingepreist ist. Die zehnjährigen Bauzinsen werden sich also kaum bewegen. Doch je weiter die Zinssituation sich entspannt, desto stärker werden sich auch die Finanzierungskonditionen verbessern. Nach Monaten der Untergangsstimmung am Immobilienmarkt ist die Zinssenkung also ein erstes Fanal für die ersehnte Wende zum Positiven.
Zweitens: Sinkende Zinsen lassen die relative Attraktivität von Immobilien steigen. In Zeiten, in denen am Geldmarkt ohne nennenswerte Risiken Renditen erwirtschaftet werden konnten, die beinahe an die Renditen von Immobilien heranreichten, war die Entscheidung für viele Investoren klar: „Cash is King.“ Jetzt werden die Renditen auf Tagesgeld, Festgeld und Co. allerdings im Zuge der Zinswende sinken. Der Immobilienmarkt, wo die langfristigen Renditen mindestens stabil bleiben dürften, wird damit wieder spannender für Investoren, die freie Mittel als Bargeld oder am Geldmarkt geparkt haben.
Drittens: Sinkende Zinsen lassen den Transaktionsmarkt wieder in Gang kommen. Im Vorgriff auf die sich abzeichnende Markterholung sehen wir bereits wieder eine steigende Nachfrage nach hochwertigen Objekten, insbesondere im Wohnimmobilienbereich. Erste Investoren positionieren sich also, um von der Markterholung profitieren zu können. Daraus werden sich zunehmend Transaktionsabschlüsse ergeben, die als Eisbrecher wirken sollten.
Der Immobilienmarkt ist jetzt am Boden angekommen. Der Boden wird sich über die nächsten Monate noch festigen müssen. Dann ist die Grundlage für eine nachhaltige und kraftvolle Erholung gegeben. Der Beginn des neuen Zinssenkungszyklus, den wir für nächste Woche erwarten, ist eine wesentliche Voraussetzungen dafür, dass dies geschehen kann. Wir nehmen bereits jetzt wahr, dass Investoren, die gut aufgeräumte Portfolios haben und über ausreichend freie Mittel verfügen, am Markt aktiv werden, insbesondere Family Offices und vermögende Einzelpersonen. Weitere Investorenkreise dürften bald folgen. Denn wesentliche Argumente für ein Immobilieninvestment sind unverändert gültig, zum Beispiel kalkulierbare Einnahmen und ein guter Inflationsschutz. Auf signifikante Wertsteigerungen sollten Investoren jedoch nicht vor 2025 hoffen. Eine echte Trendwende wird ihre Zeit brauchen.
Klaus Oberfuchshuber
Head of Real Estate Advisory
Merck Finck – A Quintet Private Bank