AUF EINEN BLICK
Vor dem Hintergrund des schwachen US-Arbeitsmarktberichts für Juli warteten die Anleger gespannt auf die Rede von Fed-Chef Jerome Powell auf dem wichtigen Notenbanktreffen in Jackson Hole in der vergangenen Woche. Es war seine erste öffentliche Rede seit der Fed-Sitzung Ende Juli. Seitdem ist viel passiert. Nur zwei Tage nach der Entscheidung der US-Notenbank, ihren Leitzins unverändert zu lassen, brachen die Aktienmärkte nach einem unerwarteten Anstieg der US-Arbeitslosenquote und einem schwächer als erwarteten Beschäftigungswachstum ein. Ängste vor einer bevorstehenden Rezession in den USA kamen auf, so dass die Märkte schnell weitere Zinssenkungen der Fed einpreisten.
Die Märkte haben sich allerdings seither wieder beruhigt, was unserer Erwartung und unserer Entscheidung entspricht, unsere Portfoliopositionierung während des Sommers beizubehalten. Dennoch stehen die Geschwindigkeit und das Ausmaß der erwarteten Leitzinssenkungen an den Märkten weiterhin im Fokus. Powells Rede in Jackson Hole, in der er sagte, dass "die Zeit für eine Anpassung der Geldpolitik gekommen ist", signalisierte, dass eine US-Leitzinssenkung im September sehr wahrscheinlich ist. Das reichte aus, um den Aktienmärkten weiteren Rückenwind zu verleihen. Die Anleiherenditen fielen und der US-Dollar schwächte sich ab. In seiner Rede zeigte sich der Fed-Vorsitzende auch zuversichtlicher, dass sich die Inflation in den USA abschwächt. Er wies auf Abwärtsrisiken für den Arbeitsmarkt hin, wobei er sagte, dass jede weitere Abschwächung "unerwünscht" wäre. Wir gehen davon aus, dass die Fed im September eine Leitzinssenkung um einen Viertelprozent vornehmen wird, gefolgt von einer oder zwei weiteren Senkungen im Laufe des Jahres.
Aus dem Protokoll der Juli-Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) geht hervor, dass die September-Sitzung als "guter Zeitpunkt für eine Neubewertung des Umfangs der geldpolitischen Beschränkung" angesehen wird. Wir glauben, dass im September eine weitere EZB-Leitzinssenkung um einen Viertelprozent ansteht, die zweite von insgesamt drei Zinssenkungen, die wir in diesem Jahr erwarten. In Schweden hat die Riksbank ihre Leitzinssätze zum zweiten Mal in diesem Jahr um ein Viertelprozent gesenkt, was den Erwartungen des Marktes entsprach. Nach einer überraschenden Zinssenkung im Juli beschloss die People's Bank of China (PBoC) in der vergangenen Woche, die Leitzinsen für ein- und fünfjährige Kredite unverändert zu lassen. Die PBoC hat ihre Geldpolitik konsequent gelockert, um die chinesische Konjunktur zu unterstützen, aber bisher hat dies nur begrenzte Wirkung gezeigt.
Der Dienstleistungssektor zieht an, die Portfolios sind für Wachstum positioniert
In der vergangenen Woche erhielten wir mit der Veröffentlichung der vorläufigen Einkaufsmanagerindizes (“PMIs”) für die USA und Europa auch neue Informationen über die wirtschaftliche Aktivität. Die allgemeine Wachstumsdynamik in diesen Regionen ist recht ähnlich. Die robuste Wirtschaftstätigkeit im Dienstleistungssektor stützt weiterhin das Wirtschaftswachstum, während das verarbeitende Gewerbe, insbesondere in der Eurozone, schwächer bleibt. In den USA stieg der PMI für den Dienstleistungssektor im August entgegen den Konsenserwartungen leicht an, während der PMI für das verarbeitende Gewerbe schwächer als erwartet ausfiel, aber immer noch auf Wachstum hindeutet. In Europa fielen die Dienstleistungs-PMIs deutlich besser aus als erwartet. In der Eurozone war dies in erster Linie auf ein starkes Dienstleistungsergebnis aus Frankreich zurückzuführen, das den wirtschaftlichen Aufschwung durch die Olympischen Spiele in Paris widerspiegelt. Während das verarbeitende Gewerbe in der Eurozone schrumpft, wächst es im Vereinigten Königreich. In Deutschland wächst die Dienstleistungsaktivität im August zwar ebenfalls, allerdings mit rückläufiger Tendenz. Und der eh schon schrumpfende Industriebereich schwächte sich noch weiter ab. Das Ifo-Institut sieht die deutsche Wirtschaft mittlerweile “zunehmend in die Krise” geraten, nachdem heute das Ifo-Geschäftsklima für August zum vierten Mal infolge rückläufig war – wobei vor allem die Geschäftslage negativer eingeschätzt wurde.
Angesichts der schwächeren Beschäftigungsdaten in den USA, die mit unserer Erwartung eines langsameren, aber positiven US-Wachstums übereinstimmen, hat sich der Fokus von der Inflation in Richtung Wachstum verschoben. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass sich die US-Wirtschaft eher auf eine "weiche Landung" (nachlassende Inflation und nachlassendes Wachstum) als auf eine kurzfristige Rezession zubewegt. Das europäische Wachstum erholt sich weiter, wenn auch ungleichmäßig, mit einem Rückgang im verarbeitenden Gewerbe, insbesondere in Deutschland. Mit einer leichten Präferenz für Aktien gegenüber Anleihen im Verhältnis zu unserer strategischen Allokation haben wir unsere Portfolios so positioniert, dass sie von diesem Wirtschaftsszenario profitieren.
Natürlich gibt es Risiken wie eine stärkere Abschwächung des Wachstums als von uns erwartet, geopolitische Probleme oder eine "hartnäckige" Inflation. Unsere Investitionen in hochwertige Anleihen, Gold, Rohstoffe oder das Aktien-"Versicherungs"-Instrument, das wir in den Portfolios halten (sofern dies aufgrund der Kenntnisse und Erfahrungen unserer Kunden, der Anlagerichtlinien und der Vorschriften zulässig ist), zielen darauf ab, die Auswirkungen möglicher negativer Marktszenarien zu mildern.
Diese Woche: Alle Augen sind auf Nvidias Quartalsbericht und die Inflationszahlen der Eurozone gerichtet, der Fokus auf die US-Wahl nimmt zu
Diese Woche werden alle Augen auf Nvidia gerichtet sein, das als letztes Unternehmen der "glorreichen Sieben" seine Ergebnisse für das zweite Quartal vorlegen wird. Es wird erwartet, dass aufgrund der hohen Nachfrage nach Nvidias Chips für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) ein deutlicher Umsatzanstieg bekannt geben wird. Die Anleger werden insbesondere darauf achten, ob Nvidia die Erwartungen der Analysten weiterhin übertreffen und die Prognosen für die Zukunft anheben kann. Angesichts der hohen Gewichtung von Nvidia im S&P-500-Aktienindex und seines Status als Vorreiter in der KI-Branche werden die Ergebnisse wahrscheinlich einen breiteren Einfluss auf den Markt haben.
Nachdem Kamala Harris vergangene Woche auf dem Parteitag der Demokraten offiziell die Präsidentschaftsnominierung angenommen hat, werden wir beobachten, ob sie ihren leichten Vorsprung in den Umfragen beibehält. Die Wahrscheinlichkeit eines "Blue Sweep", eines Wahlergebnisses, bei dem die Demokraten die Präsidentschaft, den Senat und das Repräsentantenhaus gewinnen, bleibt zwar gering, aber die Chancen sind gestiegen. Ein solches Ergebnis könnte sich neutral bis negativ auf die Märkte auswirken, da es die Umsetzung von Harris' Steuerplan, der eine Anhebung des amerikanischen Körperschaftssteuersatzes von 21 % auf 28 % vorsieht, erleichtern würde; es könnte aber auch geopolitische Risiken und Handelsspannungen im Vergleich zu einem Sieg Trumps und einem "Red Sweep" abschwächen, was positiv wäre. Das nächste wichtige Ereignis auf dem Weg zu den Wahlen im November ist die TV-Präsidentschaftsdebatte am 10. September.
Was die wichtigsten Konjunkturdaten kommenden Freitag betrifft, dürfte sich die Inflation (die Zahlen für Deutschland kommen bereits am Donnerstag) in der Eurozone weiter auf noch knapp über 2 % verlangsamt haben, was wahrscheinlich bestätigt, dass die EZB ihre Leitzinsen im September erneut senken wird. Ebenfalls am Freitag dürfte in den USA der Preisindex für die persönlichen Konsumausgaben, das von der Fed bevorzugte Maß für die Inflation, bei anhaltend moderatem Basistrend leicht ansteigen, was die Fed kaum davon abbringen wird, ihren Zinssenkungszyklus nächsten Monat einzuläuten.
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